Bangladesch hat eine der höchsten Prävalenzraten von Kinderheirat weltweit. Dieses Projekt zielt darauf ab, das Bewusstsein für die negativen Auswirkungen von Kinderheirat in Familien, Schulen und Gemeinden zu stärken, um Kinderheirat aktiv zu verhindern. 7.798 Mädchen und junge Frauen, Jungen, Jugend- und Frauen-Vertreter*innen der Gemeinde sowie andere zivilgesellschaftliche Akteure werden durch Aufklärungsmaßnahmen und Schulungen in Kinderrechten, reproduktive Gesundheit und Mitbestimmung zum Thema Kinderheirat sensibilisiert und dazu ausgebildet, diese Rechte aktiv einzufordern.
Hintergrundinformationen
Bangladesch hat eine der höchsten Prävalenzraten von Kinderheirat weltweit. Es ist eine schädliche (traditionelle) Praktik, die in Bangladesch verbreitet ist. 51% der Mädchen in Bangladesch werden bereits bis zum Alter von 18 Jahren verheiratet: davon 34% vor dem Alter von 15 Jahren. Die Armut der Familien ist die treibende Kraft für eine frühe Verheiratung der Töchter. Kinderheirat wird durch tief verwurzelte geschlechtsspezifische soziale Normen und Werte aufrechterhalten: In Bangladesch sind Mädchen Jungen unterlegen. Aufgrund dieses minderwertigen sozialen Status haben Mädchen im Allgemeinen wenig Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen, die ihr Leben betreffen. Sie werden oft als Last angesehen. So versuchen die Eltern, sie früh zu verheiraten, um sich von dieser (finanziellen) Last zu befreien. Das Risiko einer Kinderheirat steigt auch durch Armut. Familien mit geringem Einkommen und größere Familien haben oft Schwierigkeiten, sich selbst zu ernähren, so dass die Eltern in der Heirat eine Notlösung sehen. Mädchen, die jung verheiratet werden, werden in der Regel auch früh schwanger. Somit brechen sie vorzeitig die Schule ab, haben keine ausreichende Ausbildung und wenig Möglichkeiten, zu arbeiten und ihr eigenes Geld zu verdienen.
Die Bevölkerung in der Projektregion, insbesondere junge Mädchen und Jungen, sind über das Thema Kinderheirat und -rechte nicht ausreichend informiert. Sie fordern nicht aktiv ihre Rechte ein und können sich noch nicht selbstbewusst gegen eine frühe Heirat stellen. Ein Großteil der Lehrer*innen in den Schulbezirken fühlt sich unsicher, Kinder über dieses Thema aufzuklären und als Mentoren zu agieren. Zudem sind Akteure der lokalen Zivilgesellschaft nicht in der Lage, einen verstärkten Einfluss auf lokale Entscheidungsträger zum Thema Kinderheirat zu nehmen und diese zur Verantwortung und Rechenschaft zu ziehen.
Ziel
Dieses Projekt zielt darauf ab, das Bewusstsein für die negativen Auswirkungen von Kinderheirat in Familien, Schulen und Gemeinden zu stärken, um Kinderheirat aktiv zu verhindern. 7.798 Mädchen und junge Frauen, Jungen, Jugend- und Frauen-Vertreter*innen der Gemeinde sowie andere zivilgesellschaftliche Akteure werden durch Aufklärungsmaßnahmen und Schulungen in Kinderrechten, reproduktive Gesundheit und Mitbestimmung zum Thema Kinderheirat sensibilisiert und dazu ausgebildet, diese Rechte aktiv einzufordern, um Kinderehen in den zwei Bezirken Barisal und Tangail zu reduzieren.
Projektmaßnahmen
Die Kinderheirat ist in den ländlichen Gebieten des Landes besonders weit verbreitet. Aus diesem Grund wird unser Vorhaben im ländlichen Raum des Landes durchgeführt. The Hunger Project (THP) Bangladesh setzt das Projekt in den zwei Bezirken Barisal und Tangail um. Es werden in der Projektregion vorhandene Strukturen mit geschulten, motivierten und proaktiven Freiwilligen und anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen genutzt. Durch das Projekt soll ein Umfeld geschaffen werden, indem es Mädchen und jungen Frauen möglich ist, selbst zu entscheiden, wann und wen sie heiraten. Zudem werden auch Jungen und junge Männer miteingebunden, um sich für die Rechte von Mädchen und jungen Frauen einzusetzen. Das Projekt leistet einen wichtigen Beitrag dazu, dass ein nachhaltiger Wandel im Denken bzw. eine Auflösung festgefahrener Denkmuster (Change of Mindsets) auf vielen gesellschaftlichen Ebenen (Familien, Dörfern, Schulen, lokaler Regierungsebene) stattfindet, um Kinderheirat langfristig und nachhaltig zu reduzieren.
Unsere geplanten Maßnahmen
- Über 500 Jugendliche (Youth Leaders) werden aktiv mobilisiert und dazu befähigt, auf lokaler Gemeindeebene Einfluss zu nehmen, um sich für die Rechte von Mädchen und Jungen einzusetzen. Sie initiieren und führen in den Gemeinden über 40 Aufklärungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen zu den Themen Gleichberechtigung, Kinderrechte und Kinderheirat durch.
- 56 Lehrer*innen und 56 Jugendgruppen werden geschult, um sich in Schulen aktiv einzubringen. Sie treffen sich regelmäßig, um bei den Kindern und Jugendlichen das Bewusstsein für Kinderrechte zu stärken und sich gegen Kinderheirat einzusetzen. Durch Auffrischungsworkshops, Videovorführungen, Schulungen und Trainings werden Kinder und Jugendliche zu den Ursachen und Folgen von sowie zum Thema sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte (SRGR) aufgeklärt.
- An 56 Schulen wird jeweils eine Lehrkraft als Trainer*in geschult, um ein sicheres Umfeld für Mädchen an der Schule zu schaffen. Die geschulten Lehrkräfte agieren als Mentor*innen für Schülerinnen und treten als Wissensvermittler*innen gegenüber Eltern auf.
- 560 Mädchen, die derzeit nicht zur Schule gehen, erhalten ein Skills-Training zum Beispiel im Schneidern, der Ziegenzucht, oder der Gartenarbeit, damit sie ihr Einkommen erhöhen können. Durch weitere Aufklärungsmaßnahmen werden ferner ihr Selbstvertrauen sowie ihr Mut gestärkt. So werden sie in der Lage sein, sich gegen eine frühe Heirat zu wehren.
- 11.000 zivilgesellschaftliche Vertreter*innen werden durch Schulungen dazu befähigt, innerhalb des politischen Raums das Thema Kinderrechte und Kinderheirat erfolgreich zu diskutieren. Damit sorgen sie dafür, dass diese auf die Agenda der regelmäßigen Gemeindeausschusssitzungen kommen.
- Über 70 Advocacy-Treffen werden mit den Union Parishads (ländlichen Räten) durchgeführt, um ein unterstützendes Umfeld für Freiwillige und Women Leaders zu schaffen. Ziel ist, dass diese in die Ausschüsse mitaufgenommen werden und sich gegen Kinderheirat einsetzen können. Über 250 Women Leaders werden geschult, damit sie ihr Wissen und ihre Kompetenzen ausbauen und die Projektmaßnahmen aktiv unterstützen.
Reaktion auf COVID-19
Vor der Covid-19-Pandemie konnte Bangladesch Fortschritte bei der Reduzierung von Kinderheiraten verzeichnen. Während der Pandemie hat sich aber die Zahl der Kinderheiraten vervielfacht und nimmt weiter zu. Während des Lockdowns waren Mädchen einem erhöhten Risiko ausgesetzt, gegen ihren Willen zu heiraten und die Schule frühzeitig verlassen zu müssen. Im Lockdown im Jahr 2020 wurden in 21 Bezirken mindestens 13.886 Kinderehen geschlossen. Auch aktuell sind die Mädchen durch die Auswirkung der Pandemie am meisten bedroht und werden langfristig unter den Folgen leiden.
Projektförderung
Das Projekt läuft vom 01.10.2022 – 30.06.2025 und wird mit der Unterstützung des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Höhe von 252.380 Euro durchgeführt. Das Hunger Projekt Deutschland leistet einen finanziellen Eigenbeitrag in Höhe von 28.042 Euro.