Indien: Gesellschaftliche Teilhabe von Frauen stärken 

Kompetenzen von Frauenabgeordneten stärken und Entwicklung fördern

In Indien ist die Diskriminierung von Frauen in sozialer, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht stark ausgeprägt. Das indische Bundesgesetz zur Beteiligung von Frauen in Panchayats (Gemeinderäten) besagt zwar, dass 33 % der Sitze und in einigen Bundesstaaten 50 % der Sitze in den Panchayats Frauen zustehen. Frauen kennen jedoch oft ihre Rechte nicht und können diese daher nicht umsetzen. In diesem Projekt schulen wir daher 1.440 gewählte Frauen in 118 Panchayats in Madhya Pradesh in der Ausübung ihrer politischen Rolle als Gemeinde-Abgeordnete und stärken ihre Führungskompetenzen, um die Lebensbedingungen von 235.056 Menschen zu verbessern.

Hintergrund

Madhya Pradesh wird oft das Herz Indiens genannt. Der Bundesstaat in Zentralindien ist aufgrund seiner imposanten Tempelanlagen und kulturellen Schätze ein beliebtes Reiseziel. Diesem kulturellen Reichtum stehen erschreckende Zahlen aus der Lebenswirklichkeit der rund 73 Mio. Einwohner*innen gegenüber.

Madhya Pradesh gehört zu den indischen Bundesstaaten mit der niedrigsten Entwicklung in Bildung, Gesundheit und Infrastruktur. Die Alphabetisierungsrate liegt bei gerade einmal 74 Prozent. Unter den Frauen können sogar nur 65 Prozent lesen und schreiben. 70 Prozent der Kinder unter 5 Jahren leiden unter Anämie (Blutarmut). In den ländlichen Regionen hat jeder zehnte Haushalt keinen Zugang zu Elektrizität und nicht einmal die Hälfte der Haushalte hat Zugang zu sauberen Brennstoffen zum Kochen. Hinzukommt, dass jede vierte verheiratete Frau in Indien schon einmal Opfer häuslicher Gewalt war.

Anfang der 1990er-Jahre schlug die indische Regierung neue Wege ein, um Fortschritte in der ländlichen Entwicklung zu erzielen und die extreme Armut und Unterernährung zu bekämpfen. Sie beschloss, die lokale Bevölkerung stärker in die Entscheidungsprozesse einzubinden. Mit der 73. Verfassungsänderung im Jahre 1993 erhielten Gemeinderäte (sogenannte Panchayats) auf Dorf- Kreis-, und Bezirksebene ein größeres Gewicht, um die lokale Demokratie und Autonomie zu stärken.

Das Bundesgesetz zur Beteiligung von Frauen in Panchayats besagt, dass 33 Prozent, in einigen Bundesstaaten sogar 50 Prozent, der Sitze in Gemeinderäten durch Frauen zu besetzen sind. In Madhya Pradesh stehen mindestens die Hälfte der Sitze Frauen zu. Doch die Realität sieht anders aus. In Madhya Pradesh ist die Diskriminierung von Frauen in sozialer, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht besonders ausgeprägt.

Die Frauen kennen oft ihre Rechte nicht und können diese dementsprechend auch nicht einfordern. Gesellschaftliche Normen und Geschlechterstereotypen verhindern nach wie vor die Teilhabe, Mitbestimmung und Repräsentation von Frauen. Ihnen wird oftmals der Zugang zur Gesundheitsversorgung, Bildung und dem Arbeitsmarkt verwehrt. Sie haben meist keine gesellschaftliche Mitbestimmung und Entscheidungsmacht.

Ziel

Das Projekt stärkt die die Beteiligung, Entscheidungsfindung und Handlungsfähigkeit der Frauenabgeordneten in den dörflichen Gemeinderäten (Gram Panchayat), um die Lebensbedingungen von 131.439 Menschen in Madhya Pradesh zu verbessern. 1.166 Frauenabgeordneten werden darin bestärkt, eine aktive Führungs- und Schlüsselrolle für die positive Entwicklung ihrer Panchayats zu übernehmen.

Es werden sowohl das Verständnis und Wissen zu dem neuen Amt als auch die Kompetenzen der gewählten Frauenabgeordneten erweitert. Darüber hinaus unterstützt das Projekt die Vernetzung und den Erfahrungsaustausch der Frauenabgeordneten, klärt Frauenabgeordnete über ihre Rechte und Pflichten auf und informiert über politische Prozesse.

Die Panchayat-Bevölkerung und lokale Behörden werden dafür sensibilisiert, wie wichtig das politische Engagement von Frauen und Mädchen ist. Dies soll zum Wandel traditioneller Normen hin zu mehr Demokratie und Geschlechtergerechtigkeit beitragen.

Projektmaßnahmen

Unser Projektpartner The Hunger Project (THP) India setzt das Projekt von April 2023 bis April 2026 in 118 Panchayats um. Es stärkt die Rollen von 1.166 Frauenabgeordneten als Führungskräfte in den Panchayats durch folgende Projektaktivitäten:

  • 450 neu gewählte Frauenabgeordnete werden in 15 Women Leadership Workshops (WLW) auf ihre Führungsrolle sowie ihre Rechte und Verantwortung als Vertreterinnen ihrer Panchayats vorbereitet. In den Workshops werden Führungskompetenzen und Informationen zu gesellschaftlichen Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, soziale Inklusion und Rechte der Bürger*innen vermittelt. In 48 bedarfsorientierten Fortbildungs-Workshops werden 1.440 Frauenabgeordnete dazu geschult, öffentliche Dienstleistungsträger und Programme im Bildungs- und Gesundheitsbereich zu beobachten (Monitoring) und zu prüfen, um den Zugang und die Qualität der Dienstleistungen zu verbessern.
  • 960 Frauenabgeordnete treffen sich zweimal jährlich auf Bezirksebene, um den gegenseitigen Wissens- und Erfahrungsaustausch zu fördern, gemeinsam Strategien zu entwickeln und Petitionen zu wichtigen Themen vorzubereiten.
  • In 16 Dialogen mit 48 Regierungsbeamten aus verschiedenen Fachabteilungen werden 240 Frauenabgeordnete zusammentreffen, um ihre Anliegen zu den Themen Frauen, Kinder, Gesundheit und Bildung auf Bezirksebene vorzutragen. Neben dem Beziehungsaufbau zu staatlichen Behörden dienen diese Dialoge auch zur Stärkung der Transparenz, Verantwortungsbewusstsein und der Korruptionsminderung.
  • Um die Gesundheit und Ernährung von Frauen, Kindern und Mädchen zu verbessern, werden 928 Sitzungen mit Mütter-Komitees (Matra Sahygoni) unter Leitung von Frauenabgeordneten stattfinden. Dabei werden 1.062 Komitee-Mitglieder, 6.726 Frauen, 354 Dienstleistungsanbieter und 708 Frauenabgeordnete teilnehmen und Umsetzungs- und Aktionspläne gemeinsam entwickeln. In weiteren 301 Sitzungen mit 1.200 Mitgliedern aus 50 Schulleitungs-Komitees werden 300 Frauenabgeordnete Aktionspläne zu Themen wie bedarfsorientierter Bildung, verbesserter Infrastruktur und sicheren Schulwegen entwickeln.
  • In 574 Sitzungen mit Bürger*innen informieren und unterstützen 708 Frauenabgeordnete die Ernährungssicherheit und öffentliche Hilfsprogramme zur Sicherung des Lebensunterhaltes.
  • Verschiedene Bildungs- und Lernmaterialien unterstützen die Frauenabgeordneten in ihrer Arbeit der Wissensvermittlung und dem Austausch mit Bürger*innen zu Themen wie Ernährung, Lebensunterhalt, Gesundheit, und der Funktionsweise der Panchayats.

Reaktion auf COVID-19

Die Covid-19 Pandemie verzögerte die Durchführung von Kommunalwahlen in Madhya Pradesh um etwa 2,5 Jahre. Dadurch verspätete sich auch die Wahl neuer Frauenabgeordneten in den 118 Panchayats. Erst gegen Ende des Vorgängerprojekts, im Juni 2022, wurden die Kommunalwahlen durchgeführt und neue Frauenabgeordnete starteten in ihr Amt. Die Auswirkung der Pandemie machte sich in zunehmender Ernährungsunsicherheit, Schulabbrüchen bei Mädchen, und Zunahme geschlechtsspezifischer Gewalt in Madhya Pradesh bemerkbar. Das aktuelle Projekt geht auch auf diese Auswirkungen in der Region ein.

Projektförderung 

Das Projekt wird mit einem Gesamtbudget von 447.952 Euro umgesetzt. Es wird mit 335.965 Euro durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert. Das Hunger Projekt Deutschland leistet einen finanziellen Eigenbeitrag in Höhe von 111.987 Euro.

Das Hunger Projekt hilft Frauen und Mädchen weltweit!

Jede Unterstützung zählt.

Stand Juli 2022

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